Präsenz
– und die Auswüchse ihrer Abwesenheit
Präsenz ist ein rarer Bewusstseins-Zustand geworden bei uns Menschen– wir sogenannten intelligenten Wesen an der Spitze der Evolution. Wenn wir zum Beispiel im ÖV sitzen oder durch Bahnhöfe gehen, können wir beobachten, dass fast ausnahmslos alle beschäftigt sind. Jede Sekunde. Sie scrollen durch ihre neuesten I-Phones, telefonieren, tippen in ihre Laptops, suchen nach Unterhaltung, kaufen sich noch schnell etwas gegen die „Leere“, die sonst entstehen könnte, kaufen sich etwas zu essen, zu trinken … Meistens etwas, das aufwändig und dennoch lieblos in Plastik verpackt, überwürzt und mit künstlichen Aromastoffen aufgepeppt ist…normiert für den „allgemeinen Geschmack“…nur um sich dann wieder dem Smartphone zuzuwenden, nur kurz was gucken, tippen, oder um noch schnell die nächste Apotheke zu finden bevor der Bus fährt, weil das dringende Bedürfnis besteht, etwas gegen das akute Sodbrennen einzunehmen…und dann während des Starrens auf das Display, schwupp die Apotheke direkt vor der Nase übersehen, und hoppla der Bus ist auch schon weg…
Und vielleicht schmunzelst Du jetzt… oder denkst Dir sogar: Geht mich nichts an – weder klebe ich dauernd am Handy noch kaufe ich mir ständig etwas zur Ablenkung.
Doch vielleicht magst Du dennoch kurz innehalten und reflektieren, ob und wie sich die Prägungen einer konsumorientierten, beschäftigten und wohlstandsverwahrlosten Gesellschaft in Deinen eigenen Alltag eingeschlichen haben.
Vielleicht leidest Du unter „chronischem Zeitmangel“, also genauer gesagt Dein Verstand leidet darunter. Du willst so vieles und hast auch noch Verpflichtungen und hast auch nur 24h pro Tag? Alles scheint dadurch wichtiger zu sein als der gegenwärtige Augenblick. Zudem ist es ja auch gerade sehr in auf Dauerbetrieb zu laufen:
Der fast schon „lästige“ Moment wird geopfert oder verschoben auf später. Weil wir jetzt gerade zu beschäftigt sind, um etwas zu erreichen oder zu erledigen für die Zukunft.
Und falls wir uns doch einmal dem Moment hingeben könnten um einfach zu sein, ziellos ein wenig vor sich hin zu „dümpeln“, um dann zu staunen, was daraus entsteht – oder auch nicht – dann fühlen wir uns akut gezwungen, die unangenehm empfundene Leere mit irgendetwas zu füllen. Meistens wieder mit etwas, das scheinbar dringend erledigt werden will oder dann wenigstens mit etwas, das uns vermeintlich weiterbringt. Doch wohin?
Falls wir gerade in eine Richtung gehen, die uns gar nicht wirklich entspricht, ist jedes „weiter“ ein „weiter weg“ von dem, was uns gut tun würde.
Ich erlaube mir deshalb mich mit so viel Herzblut dem Thema zu widmen, weil ich Erfahrung habe. Ich war mehrere Jahre auf Dauerbetrieb eingestellt: Die Zeit war mein Feind. Nichts zu tun, schien mir das Dümmste, was jemand machen konnte. Ich hatte Ambitionen, wollte vorwärtskommen. Ich hatte mich mit meinen Zielen und Rollen identifiziert. Ich wollte jemand sein, obwohl ich schon jemand war. Als mir an einem goldenen Herbsttag in 2017 Eckhart tolles Buch „JETZT – Die Kraft der Gegenwart“ in die Hände fiel, wusste ich nicht so recht was ich davon halten sollte. Es schien mir interessant. Doch wenn ich dann schon etwas lesen würde, dann wirklich nur etwas, das mich meinen Zielen näher brachte.
Zudem schien es mir, als würde ich die Zügel meines Lebens aus der Hand geben, stehen bleiben, alles verlieren, wenn ich die Anregungen daraus tatsächlich umsetzen würde.
Und überhaupt, ich war ja schliesslich auch erfolgreiche Mentaltrainerin und eine Expertin rund um Zielerreichung und Mindset. „Ich kann mich doch jetzt nicht von diesem Eckart Tolle ablenken lassen“, sagte mein Verstand, und ich stellte das Buch vorerst ins Regal.
Doch es war zum Glück schon zu spät. Mein inneres Navigationssystem hatte sich bereits verbunden, und ich blätterte unter lautem Protest meines Verstandes immer häufiger darin herum und tauchte immer tiefer ein. Ich fing an mich dem Moment – und damit dem Leben – mehr hinzugeben. Präsenter und im Moment zu SEIN, ohne ihn auf Dauerbetrieb „nutzen“ oder „füllen“ zu wollen – nicht jede Sekunde ausnutzen zu wollen, um zu arbeiten oder sonst etwas scheinbar Wichtiges zu tun…nicht jede Idee in ein Ziel zu verwandeln.
Und zu meinem grössten Erstaunen „überlebte“ ich nicht nur, sondern wurde sogar auf entspannte Weise „effizienter“, ohne dass das die Absicht davon gewesen war. Es war ein Nebeneffekt.
Ich lernte, dass mir nichts entging, nur weil ich nicht jede Gelegenheit ergriff. Dass sich Dinge auch mal von allein erledigten, oder auch gar nicht soooo wichtig waren, wie mein Verstand es vielleicht dachte. Raum und Zeit fingen sich an zu dehnen. Und so bekam das Leben wieder etwas Spiel:)…und erst recht, als ich nur kurze Zeit später das Human Design System entdeckte, doch dazu ein anderes Mal etwas mehr…
Für JETZT geht es einzig und allein um den gegenwärtigen Augenblick. Um Deine Präsenz im Jetzt. Innehalten, atmen, lächeln, beobachten…vielleicht ein wenig schmunzeln ab den abstrusen Gedanken, die zweitweise durch Dein Oberstübchen jagen und je nach Inhalt den Unterhaltungswert jeglicher Netflix-Serien und Social Media Stories bei weitem übertreffen.
Stay present and enjoy to be a Wildwux:)